Cool
Ted Bundy. Richard Kuklinski. Robert Yates. Wir kennen diese Namen aus den Crime Serien, die ab 22 Uhr nach dem Spielfilm laufen. Der Psychopath. Der Massenmörder in diesem Fall. Gefühlskalt und grausam entscheidet er über Leben und Tod des Opfers und Macht ist das einzige Empfinden, nach dem er ein Verlangen spürt. Sehr spannend. Und auch ziemlicher Unsinn. Der Psychopath ist genau so ein mit Vorurteilen und Klischees beladener Begriff wie der Russe, vor ein paar Jahrzehnten.
Das Wort besteht aus den griechischen Begriffen für Seele und Leid. Seelenleid ist schon etwas, das nicht mehr ganz so unheimlich klingt. In der forensischen Psychologie wird die Psychopathie als schwere Form der antisozialen Persönlichkeitsstörung verstanden. Einem Menschen, der davon betroffen ist, fehlt die Empathie komplett, auch die soziale Verantwortung und das Gewissen sind verkümmert.
Nichts, was man sich als Eigenschaft bei sich, oder bei den Mitmenschen wünscht.
Allerdings ist die Anzahl der Psychopathen, die aufgrund des fehlenden Mitgefühls straffällig werden, wie die oben genannten Musterbeispiele, verschwindend gering.
Tatsächlich ist unsere Welt voll von Menschen mit dieser Störung. Wir sind ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schon oft im Alltag begegnet. Nur fällt das selten auf.
Psychopathen lernen Emotionen und die angemessenen Reaktionen eines Menschen mit einer normalen Gefühlswelt perfekt zu imitieren. So perfekt manchmal, dass viele Betroffene sogar als besonders charmant, charismatisch und liebevoll von ihrem Umfeld angesehen werden.
Robert D. Hare ist ein kanadischer Kriminalpsychologe, der Vor allem durch seine Checkliste zur Psychopathie bekannt wurde. Auf dieser Liste findet man eine ganze Reihe an Verhaltensweisen und Eigenschaften, die diese Störung bei einem Menschen bewirkt. Vieles ist negativ belastet, doch man kann durchaus Dinge für sich herausziehen, die hilfreich sein könnten, wenn man selber vielleicht viel zu beladen ist, mit Gefühlen und Emotionen. Oft können die einem erfolgreicheren und einfacheren Leben nämlich ordentlich im Weg stehen.
Man kann sich also ruhig mal ganz unethisch mit dem Thema auseinandersetzen, die Pietät sein lassen und ernsthaft überlegen wo ein Psychopath dem Menschen, der sich normal schimpft, vielleicht überlegen sein könnte. Es kommt nämlich gar nicht selten vor, dass sich gerade sehr erfolgreiche Menschen als solche outen.
Also hangeln wir uns einfach mal an der Checkliste von Mister Hare entlang und überlegen, was wir vielleicht für unser eigenes Leben lernen könnten.
Trickreich sprachgewandter Blender mit Charme
Eloquent, eloquent, sprach der Elofant. Wortgewandte Menschen kamen schon immer gut durchs Leben. Sie können gutgläubigen Menschen den größten Unsinn als Gold verkaufen. Sogar wenn dieser Unsinn sie selber sind.
Sie sehen weder besonders gut aus, noch haben sie eine Stimme wie Adele oder Muskeln wie Schwarzenegger. Nein, der oben genannte Charme kommt von der Art wie man sich verkauft und präsentiert.
Genau das Verhalten also, bei dem der Normalo sich vermutlich wie ein Hochstapler vorkommen würde. Doch gerade in Situationen wie einem Flirt oder Bewerbungsgespräch kommt dem Menschen ein wenig Blenderei vielleicht sogar zu Gute. Zu viel ehrliche Bescheidenheit tut dem Bild das man abgibt nicht unbedingt gut.
Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl
Und genau so kommt man zu all dem Charme und der glänzenden Selbstdarstellung. Nicht nur die Außenwelt muss glauben, dass man die Sterne vom Himmel holen kann, auch man selber. Ohne Moral und den Zwang sich selbst ständig reflektieren zu müssen, zaubert man auf einmal wahre Hulkfähigkeiten aus dem Hut. Sobald man an etwas glaubt, schafft man es tatsächlich auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit. Nur diese dumme Stimme im Kopf, die einem die Realität vorsingt, hält den Hulk-Ballon am Boden.
Mangel an Gewissensbissen
…Kann ja in so vielen Situationen hilfreich sein. Um Mitternacht den Kühlschrank geplündert? Eine Notlüge um auf Arbeit blau zu machen? Mit einem falschen Schnurrbart noch einmal am Probierstand im Supermarkt vorbeigeschlichen um Käse abzustauben? So viele Dinge die das Leben schöner und Dich glücklicher machen. Ohne den Ballast der schlaflosen Nächte, in denen das Gewissen einen plagt, ist der Genuss von dem neuen Light Käseprodukt auf einmal doppelt so leicht.
Stimulationsbedürfnis und ständiges Gefühl der Langeweile
Nach einem Tag voller Arbeit, Hausputz und dem Wocheneinkauf ist der
0815-Mensch komplett ausgelastet. Langeweile ist ein Luxusproblem, denn die Gedanken um all die Probleme und Sorgen des Tages kreisen fröhlich weiter. Wenn diese Sorgen allerdings ausbleiben und man sich um sich selbst kümmert, bleibt eine leere Fläche, die bemalt werden muss. Wie man sich stimuliert, ist natürlich völlig individuell. Aber die Abendstunden nicht mit dem Tatort zu füllen, nur um den Kopf frei zu kriegen, kann das Leben um einiges reicher machen.
Unzureichende Verhaltenskontrolle
Böse Verhaltenskontrolle. Sie verhindert einiges an Spaß. Wie oft greift der Betroffene nicht nach den verbotenen Früchten, die er eigentlich will? So viele Menschen leiden irgendwann in ihrem Leben unter einer Krise, die durch tausend verpasste Chancen in der Vergangenheit zustande kommt? Wer nicht durch emotionale und kulturelle Blockaden gehemmt ist, lebt sich vermutlich um einiges besser aus. Stellen wir uns nur mal vor, ein Psychopath hätte „Eat Pray Love“ geschrieben.
Fehlen von realistischen, langfristigen Zielen
Das erste was man nach dem Abitur hört: „Bewirb dich am besten schon gestern, aber bloß nicht bei den Kreativen, das ist brotlos.“
Es ist kein Wunder, dass die meisten geouteten Psychopathen karrieremäßig sehr weit vorne liegen.
Wenn man tatsächlich kurzfristigere Ziele vor Augen hat, die dem entsprechen, was man kann und gerne tut, kommt der Erfolg oft leichter. Denn immer wenn der Mensch tut, was er liebt, kommt etwas Gutes dabei raus. Obwohl das Wort „Liebe“ in dem Kontext vielleicht unpassend ist, auch Psychopathen verspüren für viele Dinge unwahrscheinlich hohe Motivationen. Dieses Gefühl kann man wohl am Besten mit der Liebe vergleichen.
Viele kurzzeitige eheähnliche Beziehungen
Ja, Psychopathen haben Beziehungen. Körperliches Verlangen kennen sie und das menschliche Bedürfnis nach Nähe und Zweisamkeit ist auch in ihnen tief verwurzelt. Nur nicht verknüpft mit ganz so vielen Emotionen.
Menschen sollten viel mehr lieben. Gerade kurze, aber eben doch sehr intensive Beziehungen sind leider sehr selten. Viele füllen ihre Singlephasen mit bedeutungslosen One Night Stands. Liebe zu schenken oder sich auf einen Menschen einzulassen, auch wenn am Ende der Geschichte nicht unbedingt der Ehevertrag winkt, ist wagemutig aber erfüllend.
Natürlich waren das nicht alle Punkte auf der Checkliste für Psychopathie. Und alle Punkte sind hier ausschließlich positiv beleuchtet. Da die Gegensichtweise auf Psychopathen und diese Eigenschaften aber ziemlich gängig ist, kann es auch so rum mal interessant sein. Die Störung selber soll hier nicht verharmlost werden, nur ein mit einem Lächeln betrachtet werden. Wir sind umgeben mit psychischen Krankheiten, sie sind völlig natürlich. Warum also nicht vergleichen und von einander abschauen? Genau so leben auch die Psychopathen. Sie imitieren Emotionen und kommen so meist sehr gut durchs Leben. Umgedreht könnte das vielleicht auch ein paar spannende, neue Erfahrungen geben.
Bildquelle: Mental Floss
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